

Bekleidungs-Wissen
Harris Tweed — der Klassiker
6 Oktober 2025 MIN
Harris Tweed – Geschützter Klassiker seit 1910
Harris Tweed gehört zu den ältesten Markenzeichen der Welt: Nur reine Schurwolle, die auf den Äußeren Hebriden gefärbt und von Hand gewebt wurde, darf diese Bezeichnung tragen.
Was macht Harris Tweed so besonders?
Wie das Land, so auch der Stoff: rau, hart, strapazierfähig. Der Stoff von den kargen Inseln knittert kaum, hält sehr warm und ist durch die vielfarbigen Garne gut zu kombinieren. Da das Material recht voluminös ist, eignet es sich bestens für Sakkos.
Die Eigenschaften auf einen Blick:
- Extrem strapazierfähig und langlebig
- Knitterarm
- Warm und klimaausgleichend
- Wasserabweisend
- Vielfarbig und gut kombinierbar
- Nachhaltig und natürlich
Die Äußeren Hebriden – Heimat des Harris Tweed
Der Wind fegt über die grünen Hügel, die schweren Wolken hängen zum Greifen nah. Die Schafe kauen stoisch ihr Gras, während der nächste Regenschauer über die Insel zieht.
Vier Jahreszeiten an einem Tag – die schottische Wetterregel gilt auch für die Äußeren Hebriden, die 50 Kilometer westlich des schottischen Festlands liegen.
Hier scheint die Zeit stillzustehen. Menschenleere Landschaften, kleine Dörfer und zahllose Schafe prägen das Bild der "Western Isles", wie die Briten sie nennen. Vor allem Scottish Blackface und Cheviotschafe leben hier – aus ihrer Wolle entsteht der berühmte Harris Tweed.
Wie wird Harris Tweed hergestellt?
Seit vielen Generationen weben die Inselbewohner von Lewis, Harris, Uist und Barra in Heim- und Handarbeit den traditionsreichen Stoff. Er wird hier gefärbt, gesponnen, verarbeitet und ausgerüstet.
1. Schafschur und Reinigung
Die Wolle der robusten Schafsorten wird im Frühsommer geschoren, gereinigt und in die Spinnereien geliefert – völlig steht die Zeit nicht mal hier still.
2. Färben vor dem Spinnen
Eine Besonderheit von Harris Tweed: Die Wolle wird vor dem Spinnen gefärbt – nicht das fertige Garn. Dadurch können mehrere Farben in die Wolle gemischt werden, was Stoffe von großer Tiefe und Komplexität entstehen lässt.
Die Färbung erfolgt maschinell, aber mit lokalen Rohstoffen wie Pflanzen und Flechten. Die Farben spiegeln die Landschaft wider: Heidekraut, Moos, Seen, Berge und Himmel – alle Farbtöne Schottlands vereinen sich im Harris Tweed.
3. Spinnen und Vorbereiten
In den Spinnereien wird die gefärbte Wolle zu Garn versponnen und für die Weber vorbereitet.
4. Weben per Hand – das Herzstück
Das Weben geschieht immer noch per Hand in Heimarbeit – das verlangt das Gesetz. Die Weber arbeiten auf handgetriebenen Webstühlen in ihren eigenen Häusern. Diese Tradition wird seit Generationen bewahrt.
Moderne Webstühle sind zwar effizienter als die alten Hattersley-Webstühle und doppelt so breit, aber das Prinzip bleibt: Jeder Meter Harris Tweed wird von Hand gewebt.
5. Zurück in die Mill
Der fertige Ballen wird in die Spinnerei zurückgebracht und dort:
- Geprüft
- Gewaschen
- Gewalkt (verdichtet)
- Gebügelt
6. Die Qualitätskontrolle
Nach erfolgreicher Überprüfung durch den Inspekteur der Harris Tweed Authority erhält der Stoff den Stempel mit dem Reichsapfel (Orb), als Zeichen der Echtheit.
Nur mit diesem Siegel darf der Stoff als "Harris Tweed" verkauft werden.
Der gesetzliche Schutz – einzigartig weltweit
Harris Tweed Act von 1993
Den Namen darf ein Stoff nur tragen, wenn er den Anforderungen des 1993 festgelegten Harris Tweed Act entspricht. Darüber wacht die Harris Tweed Authority.
Die gesetzliche Definition lautet:
"Harris Tweed is cloth that has been handwoven by the islanders of Lewis, Harris, Uist and Barra in their homes, using pure virgin wool that has been dyed and spun in the Outer Hebrides."
Harris Tweed ist damit die einzige Textilie weltweit mit Herkunftsgarantie, die durch ein Parlamentsgesetz geschützt ist.
Die Harris Tweed Authority
Die Harris Tweed Association wurde 1909 gegründet, um die Qualität zu sichern und Fälschungen zu verhindern. 1910 wurde Harris Tweed als geschützte Marke anerkannt und führt seitdem den Orb and Maltese Cross (Reichsapfel mit Malteserkreuz) als Erkennungszeichen.
1993 wurde die Association durch die Harris Tweed Authority ersetzt – eine gesetzliche Behörde mit dem Auftrag, die Authentizität, den Standard und den Ruf des weltberühmten Harris Tweed zu fördern und zu erhalten.
Die Aufgaben der Harris Tweed Authority:
- Überwachung der gesamten Produktionskette
- Kontrolle der Einhaltung der Qualitätsstandards
- Vergabe des Orb-Markenzeichens
- Förderung und weltweite Vermarktung von Harris Tweed
Das Orb-Markenzeichen – das Gütesiegel
Kleidungsstücke aus Harris Tweed erkennt man an dem eingenähten Label mit Reichsapfel (Orb), dem Markenzeichen von Harris Tweed Scotland.
Oft trägt das Label auch eine Seriennummer, die jeden Ballen zurückverfolgen lässt. Nur wenn die Harris Tweed Authority überzeugt ist, dass der Stoff alle Anforderungen erfüllt, erhält er dieses Siegel.
Warum heißt der Stoff Tweed?
Tweed bezeichnet einen flexibel und voluminös gewebten Stoff in Köperbindung, auch Twill genannt. Und daher kommt der Name – oder doch nicht?
Die Legende der Namensgebung
Die Schottische Bezeichnung für Twill ist "Tweel".
Nach einer recht amüsanten Anekdote soll ein Londoner Kaufmann um 1830 einen Brief aus der schottischen Stadt Hawick über einen Stoff "Tweel" erhalten haben. Der Kaufmann las das "l" als "d" und dachte, dass der Stoff nach dem Fluss Tweed benannt wurde, der nicht weit von Hawick durchfließt.
Im Nachgang pries er die Ware mit dem Namen "Tweed" an, und seitdem setzte sich dieser Name fest – daraus entstand der Begriff Tweed.
Die Stoffe wurden besonders für das kühle und feuchte Klima der britischen Inseln entwickelt und sind die perfekten Outdoor-Jacken.
Die natürliche und nachhaltige Outdoor-Jacke
Outdoor-Jacken sind seit Jahren ein Trend. Die Werbung erzählt uns, dass nur High-Tech-Jacken aus Polyester mit giftigen und teils gefährlichen Stoffen uns in der Natur ausreichend schützen.
Aber stimmt das überhaupt? Natürlich nicht.
Denn jedes Tier auf der Welt trägt seine eigene Outdoor-Jacke, ganz ohne giftige Chemie. Wir Menschen können davon profitieren – im Idealfall, ohne ein Tier quälen oder sogar töten zu müssen.
Was ist eine Tweed Jacke?
Schafe leben das ganze Jahr draußen. Und die Schafe, die ganz im Norden Schottlands leben, haben ein Fell entwickelt, das:
- Warm hält
- Vor Nässe und Feuchtigkeit schützt
- Klimaausgleichend wirkt
- Absolut umweltfreundlich und nachhaltig ist
Genau aus dieser Wolle entstehen Harris Tweed Jacken – und haben die Eigenschaften, die wir wollen: klimaausgleichend, wasserabweisend, warm.
Nachhaltigkeit: Harris Tweed ist aus 100% reiner Schurwolle, verwendet natürliche Färbemittel, wird mit handgetriebenen Webstühlen ohne Strom hergestellt und hält oft über Generationen hinweg – ein Tweed-Gewebe kann bis zu drei Menschenleben lang halten.
Warum trägt noch nicht jeder eine Tweed-Jacke?
Wenn Tweed Jacken so toll sind – warum tragen wir die dann nicht alle? Es gibt drei Hauptgründe:
1. Image-Problem
Tweed wurde lange Zeit als altbacken und unmodern angesehen. Das ändert sich aber gerade wieder – Harris Tweed erfreut sich seit etwa 2009 wieder stetig wachsender Beliebtheit.
2. Der Schnitt
Der Schnitt vieler Harris Tweed Jackets entspricht dem klassischen Anzugschnitt. Das wird häufig nicht mit der Bequemlichkeit assoziiert, die der Stoff eigentlich bietet.
3. Die Textur
Eine Tweed Jacke ist kratzig – das Tragen auf der bloßen Haut empfehlen wir nicht. Mit einem Hemd oder Pullover darunter ist der Tragekomfort jedoch ausgezeichnet.
Warum sollte ich eine Tweed Jacke kaufen?
Der unverwüstliche Allrounder
Eine Tweed Jacke ist ein unverwüstlicher, immer bereiter Allrounder, ähnlich wie eine Barbourjacke oder eine Jeans.
Mit einer Jacke aus Tweed sind Sie nicht nur immer perfekt gekleidet – von Herbst bis Frühling können Sie damit:
- Wandern
- Ins Café gehen
- Im Büro sitzen
- Zu Veranstaltungen gehen
Pflegeleicht: Bei Nichtgebrauch braucht Harris Tweed keine weitere Pflege und kann einfach im Kofferraum gelagert werden. Der Stoff ist robust genug, um auch harte Behandlung zu verkraften.
Welcher Schnitt ist der richtige?
Das klassische Tweed Sakko
Das klassische Tweed Sakko, wie Prince Charles es trägt, ist der zeitlose Klassiker. Perfekt zu Cord- oder Wollhosen, vielseitig kombinierbar.
Der Tweed Blouson
Als Blouson macht Tweed eine gute Figur und ist sogar noch praktischer. Sportlicher Look mit allen Vorteilen des Materials.
Der Tweed Mantel
Für maximale Wärme und Schutz ist ein Tweed Mantel die perfekte Wahl – besonders als Caban-Schnitt eine stilvolle Option.
Welche Hose trage ich zur Tweed Jacke?
Tweed hat viele positive Eigenschaften, ist aber nicht abriebfest und auch recht kratzig. Daher eignet sich der Stoff nicht gut für Hosen.
Unsere Empfehlungen:
Cordhosen:
- In Braun, Beige oder Grau
- Klassische Kombination zum Tweed Jacket
- Robust und bequem
Cavalry Twill oder Whipcord:
- Strapazierfähige Wollstoffe
- Ähnliche Robustheit wie Tweed
- Perfekt für den Country-Look
Moleskin:
- Baumwollstoff mit samtiger Oberfläche
- Passt gut zu Tweed
- Angenehm zu tragen
Die Geschichte von Harris Tweed
Ursprung und Tradition
"Clo Mor", der große Stoff, heißt das Material in Gälisch, der Originalsprache der Inselbewohner, die hier noch viele sprechen.
In früheren Jahrhunderten webten die Bauern ihn nur für ihren eigenen Bedarf, oder sie handelten die Ballen als Tauschware. Der Stoff war ein reines Gebrauchsprodukt für die harten Lebensbedingungen auf den Inseln.
Lady Catherine Murray – die Förderin
Erst die Gräfin von Dunmore, Lady Catherine Murray (1814-1886), setzte sich ab den 1840er Jahren für die Verbreitung von Harris Tweed im britischen Empire ein.
Sie arbeitete den Tartan der Familie Murray ab und ließ ihn durch lokale Weber in Tweed umsetzen, den Jäger zu benutzen begannen. Um den Erfolg auszubauen, trug sie zur Einführung der flexiblen Fertigung bei.
Mit dem Erfolg kamen immer mehr Nachahmerprodukte auf den Markt, die nicht die hohe Qualität erreichten, aber den Ruf zu beschädigen drohten.
Die Formalisierung
Als das britische Parlament 1905 den Trade Marks Act verabschiedete, wurde 1909 die Harris Tweed Association Ltd. als zentrale Vermarktungs- und Kontrollinstanz gegründet.
1910 wurde Harris Tweed als geschützte Marke anerkannt und führt seitdem den Orb and Maltese Cross als Erkennungszeichen. Seit 1911 wird der Stoff gestempelt.
Höhen und Tiefen
Im 20. Jahrhundert gehörte Harris Tweed unzertrennbar zum Brit-Look – man denke an Miss Marple oder Sherlock Holmes.
1966 war die absolute Hochzeit: 7,6 Millionen Yards Harris Tweed wurden produziert – die größte Menge in der Geschichte.
Nach einer schwächeren Phase um die Jahrtausendwende, die zur Aufgabe vieler Betriebe führte, erfreut sich das klassische Material seit etwa 2009 wieder einer stetig wachsenden Beliebtheit.
Pop-Kultur
Trendpotenzial erhielt Harris Tweed spätestens 1964, als Sean Connery als James Bond (Goldfinger) im Harris-Tweed-Jacket über die Leinwand flimmerte.
2004 nutzte Nike Harris Tweed zur Herstellung einer limitierten Auflage von Sportschuhen im Retro-Stil – ein ungewöhnlicher, aber erfolgreicher Crossover.
Die heutige Produktion
Drei Mills beherrschen den Markt
Das gesamte Geschäft wird heute zum größten Teil über die letzten drei verbliebenen Mills (Spinnereien) abgewickelt:
Harris Tweed Hebrides (Shawbost)
- Die größte der drei Mills
- Eröffnete 2007 in einer stillgelegten Mill
- Modernste Produktionsmethoden
Harris Tweed Scotland (Stornoway)
- Die älteste Mill auf den Äußeren Hebriden (seit 1906)
- Komplette Produktionslinie vom Stoff bis zum fertigen Sakko
- Verkauf über eigenen Online-Shop und Einzelhändler
The Carloway Mill (Carloway)
- Die kleinste der drei Mills
- Spezialisiert auf traditionelle Produktion
- Individuelle Stoffe nach Kundenwunsch
- Bietet Führungen für Touristen
Weltweiter Export
Etwa 95% der Produktion wird exportiert – in mehr als 40 Länder weltweit. Designer wie Alexander McQueen, Calvin Klein, Ralph Lauren und Steven Alan verwenden Harris Tweed in ihren Kollektionen.
Harris Tweed in der Mode heute
Von den Laufstegen bis zur Inneneinrichtung – Harris Tweed ist vielseitiger denn je:
- High Fashion: Auf Laufstegen bei Fashion Weeks
- Herrenschneiderei: Klassische Sakkos und Anzüge
- Damenschneiderei: Blazer, Röcke und Mäntel
- Accessoires: Caps, Taschen, Schuhe
- Inneneinrichtung: Polstermöbel, Kissen, Wandverkleidungen
Harris Tweed wurde sogar für die Innenausstattung des 5-Sterne-Hotels in Glasgow und des Linienschiffs Queen Elizabeth II in den 1960er Jahren verwendet.
Fazit: Tradition trifft Moderne
Harris Tweed ist mehr als nur ein Stoff – er ist ein Stück schottische Kultur, ein Symbol für Handwerkskunst und Qualität, und eine nachhaltige Alternative zu synthetischen Outdoor-Materialien.
Die Kombination aus:
- Jahrhundertealter Tradition
- Gesetzlichem Schutz
- Handwerklicher Fertigung
- Natürlichen Materialien
- Außergewöhnlicher Langlebigkeit
macht Harris Tweed zu einem einzigartigen Produkt, das die Zeit überdauert – sowohl in der Qualität als auch im Stil.
Auch XUITS hat Harris Tweed im Angebot – Maßkonfektion und traditionelles Handwerk passen einfach gut zusammen.
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